Schon beim Fühlen wird’s vertrackt

mit unserer vermeintlich einfachen Sinnlichkeit, unserer selbstverständlichen Sinnestätigkeit. Allein die physische Fühlfähigkeit unterscheidet mindestens: Formen, Konsistenzen, Temperaturen, drei Sinnesvermögen unterschiedlichster Art; die Fühlfähigkeiten unserer Seele wollen wir gar nicht versuchen zu zählen.

Unser Gleichgewichtssinn verhilft uns zum aufrechten Gehen. Unsere Schmerzwahrnehmung erfahren wir über besondere Nervenzellen, die Nozizeptoren. Sie helfen Heilungsvorgänge zu regulieren.
Jüngst entdeckte Spiegelneuronen lassen uns unsere Gegenüber als solche wahrnehmen. Und selbst das Sehen wurde schon zu Schwitters Zeit lange in die Hell | Dunkel-Wahrnehmung der Stäbchenzellen und die Farbwahrnehmung der Zäpfchen auf der Netzhaut aufgefächert. Farbenblinde belegen, dass Farbsehen, der Sinn, auf den das Abendland so starkes Gewicht legt, kein einfacher, einheitlicher Sinn ist; das gilt insbesondere für komplexe ‘Muster’.

Den jeweils besonderen Sinnesvermögen lässt sich in der modernen Physiologie deshalb keine einfache Zahl zuordnen. Also rafft Schwitters mit seiner erstmal überzogen wirkenden 27 sämtliche sogenannten spezifischen Sinnesenergien zusammen: eben - um Anna Blume umfassend zu lieben. “Das weiß doch kein Mensch, ...”

Insofern interpretiert Erich Frieds Bekenntnis das Gedicht missverstehend undaber teilweise treffend, wenn er feststellt: „Nicht jener Turk, jener Heide mit seiner Vielsinnlichkeit, nicht jener Heini, sondern ich, sondern ich liebe dich! Trotz seiner vielen Sinne ist er sinnlos geblieben: Nur halb hat er dich erkannt, deinen Nemanuz hat er nutzlos beiseite gelassen! Das ist keine Liebe,  ...“ (Zum Beleg-Text)

Teils missverstehend, denn, wenn ich Anna Blume ganz, und umfassend, und auch von hinten liebte, und richtig lieben wollte, sie dann vielleicht emulB annA wäre statt Anna Emulb oder vielleicht auch Emulb Anna, (halt von hinten und von vorn zugleich), wer weiß das schon und in jeder Hinsicht? Er, ich, Turk, AnnA? Du deiner dir dich?

Sinnenfülle und Sinnlosigkeit spannen nun das Koordinatensystem auf, aus dem die Liebe heraus hüpfen muss, wenn sie sich befreien will.

Aber immerhin, der friedliebende hätte ja auch sagen können, es wäre was es sei. Im Nachsatz vielleicht noch hinzufügend, es müsse auch nicht bleiben wie es wäre.

Typisch Fried? >>>>

Oder zu Kurt Schwitters Verständnisgedicht >>>> und dessen Verständnis-Verständnisgedichten >>>>

27 Sinne

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